„Mi attah?“ - „Ani Mark.“



In den vergangenen Tagen standen unsere ersten beiden Hebräischstunden auf dem Programm. Mit meinen bisherigen Kenntnissen des biblischen Hebräisch war der Einstieg in diese Sprache etwas "softer" als für den großen Teil des Restes der Gruppe, die mit einer neuen Schrift, einer neuen Grammatik und zahlreichen verwirrenden sprachlichen Eigenheiten konfrontiert wurden. Besonders zu Beginn ist es eben schon eine große Hürde, wenn in einer Sprache nur die Konsonanten geschrieben werden und man die Vokale des Wortes eben einfach wissen muss. Recht einsteigerunfreundlich!
Viele Feste wurden weiterhin in den letzten Tagen gefeiert. Nachdem das Jahr des jüdischen Festkalenders mit Rosh Hashanah neu begonnen wurde, folgte wenige Tage später Jom Kippur, das Versöhnungsfest. Jom Kippur ist der höchste Feiertag der Juden und wird traditionell in ruhiger, kontemplativer Stimmung begangen. Viele Juden fasten an diesem Feiertag und in den meisten Regionen ist es üblich, dass auch niemand mit dem Auto fährt. So konnten wir gemütlich zu Fuß auf der Autobahn nach Naharia gehen und dort den Gottesdienst besuchen. Auch an diesem Tag wurden wir wieder freundlich in der Synagoge empfangen und durften mitfeiern. Dicht auf Jom Kippur folgt Sukkot, das Laubhüttenfest, dass nach einer gängingen Erklärung in Erinnerung an die Wüstenzeit des Volkes Israel gefeiert wird, in welcher das Gottesvolk nur in Laubhütten, der sogenannten Sukka, lebte. Wie schon zu Rosh Hashana und Jom Kippur gab uns Rabbi Or dazu eine kleine und interessante Einführung. Nach dem Sukkotgottesdienst ist es üblich noch mit allen Gottesdienstbesuchern eine gemeinsame Mahlzeit in der Sukka einzunehmen. So genossen wir nach dem gemeinsamen Gebet die reichhaltige lokale Küche mit Oliven, Pita und Humus und auch die weniger regionale mit Pizza. Alles in allem ein wunderbares Fest in lockerer und heiterer Stimmung.
Die Sukka und die Gemeinde bei der gemeinsamen Feier.
Grundsätzlich scheint es so zu sein, zumindest bei den liberalen Gemeinden des Judentums (einen orthodoxen Gottesdienst konnte ich bisher noch nicht besuchen), dass es überhaupt kein Problem darstellt, wenn Nichtjuden am Gottesdienst teilnehmen. Bisher wurden wir immer mit offenen Armen empfangen und schnell von unseren Sitznachbarn in die Gebetsbücher eingeführt und zum Mitmachen eingeladen. Interessant ist auch der Gottesdienstablauf. Auch wenn die Liturgie nach strengen Regeln verläuft und zum jeweiligen Feiertag immer die gleiche ist, ist die Grundatmosphäre doch von großer Lockerheit geprägt: So wird beispielsweise vom Rabbi gefragt, wer jetzt beten möchte oder ob es in den Fürbitten noch eine weitere Person zu bedenken gibt oder ob die Kinder das nächste Lied anstimmen wollen. Grundsätzlich sind viele Gemeindemitglieder am Ablauf des Gottesdienstes beteiligt. Auf jeden Fall stellt diese Form ein gutes Beispiel für einen Gottesdienst dar, in dem Tradition und Spontanität eng verwoben sind.

Manchmal bockig aber dennoch verlässlich  - der John Deere 305 Loader.
Die letzten Tage war es dann soweit und ich konnte meine Arbeit im Technischen Service, kurz TS beginnen. Bisher war ich vor allem dem Gartenteam zugeteilt, was im wesentlichen bedeutet die mit Axt, Säge und Kettensäge außer Rand und Band geratene Vegetation auf ein dem Auge wohlgefälliges Maß zurückzustutzen. So durfte ich schon mit der Astsäge einen Baum erklimmen, der aus ebenso viel Totholz wie lebendigen Ästen zu bestehen schien und ein Blumenbeet, nun sagen wir mal, „umgraben“. Auch unseren Traktor durfte ich schon einige Male in Anspruch nehmen. Der TS ist ansonsten für alle möglichen Aufgaben zuständig, seien es Reparaturarbeiten oder Umbaumaßnahmen rund um das Gelände. Besonders erstere Arbeiten fallen recht häufig an. Bevor ich überhaupt die Arbeit beginnen konnte mussten zunächst die Kettensägen in einen funktionstüchtigen Zustand gebracht werden. Nachdem Andreas, ein anderer Volontär im TS, und ich bei Kettensäge Nummer eins mit unserer Weisheit ans Ende gelangt waren, gelang es bei Kettensäge Nummer zwei zumindest für einen kurzen Augenblick, diese mit viel gutem Zureden zur Arbeit zu bewegen. Der Rest musste dann wieder mit der Handsäge besorgt werden. Konfrontiert mit den „Stimmungsschwankungen“ solch widerspenstigen Equipments, sagt man hier meistens so etwas wie: „Typisch Nes Ammim!“. Weiterhin bot sich dieser Satz an, als mir eine Axt abgebrochen ist und der Traktor kurzzeitig seinen Dienst quittierte. Es ist also immer genug zu tun für den TS! 
Einen meiner freien Tage verbrachte ich wieder in der Hafenstadt Akko, wo ich zusammen mit anderen Volontären die unterirdische Kreuzfahrerstadt und das dazugehörige Museum erkundete. Ein Besuch dort lohnt sich wirklich! Man wird wunderbar durch die Geschichte Akkos mit ihren zahlreichen wechselnden Herrschern geführt und bekommt weiterhin einen Einblick in die Zeit der Kreuzfahrer. Bei allem wird man nie überfrachtet mit Informationen und kann sich wirklich ganz auf die Schönheit der Gewölbedecken und alten Gemäuer einlassen. 
Das Klo der Kreuzfahrer.
Eine der zahlreichen Gewölbedecken.
Auf dem anschließenden Besuch des Marktes gab es dann noch ein paar handgemachte Sandalen aus Kamelleder. 

Ich freue mich auf die kommenden Wochen mit einem weiteren jüdischen Fest (Simchat Thora) und zahlreichen Punkten auf dem study program. Auch auf die weiteren Hebräischstunden bin ich sehr gespannt. Die Überschrift bedeutet übrigens, für alle die es noch nicht erraten haben: „Wer bist du?“ – „Ich bin Mark.“


Kommentare

  1. Warum grüßen sich John Deere Fahrer nicht, wenn sie sich mittags auf der Straße begegnen?
    Weil sie sich morgens schon in der Werkstatt getroffen haben!
    Viel Spaß weiterhin 😊

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  2. Hey mark. Das hört sich echt alles super an. Ich meine so ein paar Hindernisse gehören ja dazu. Die Landschaft sieht wirklich traumhaft aus und dass ihr so tief in die jüdischen feste eintauchen könnt, klingt auch super spannend. Genieß die Zeit weiterhin, wir hören uns


    Simon

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  3. Makk, ich liebe deine Erlebnisse und kann nicht anders als deinen Berichten ein wohlgefälliges Maß zu attestieren. Ich ersehne mehr davon.

    Alles Liebe,
    Chris

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    1. Mein lieber Chris, weiteres wird sicher folgen ;) Liebe Grüße!

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  4. Lieber Mark,

    danke für die interessanten, sehr lebendigen und amüsanten Einblicke in dein neues Betätigungfeld! Zudem gefällt mir dein Schreibstil außerordentlich gut :)
    - genau die richtige Lektüre für eine kurze Kaffeepause in der mittlerweile herbstlich-kühlen Theoase - herzerwärmend.
    Viele Grüße aus Gö
    Sophia

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  5. Liebe Sophia, vielen Dank :) ich gebe mir auch in Zukunf Mühe leserfreundlich zu schreiben! Beste Grüße, Mark

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