Fahrradfahren auf der Autobahn und tanzen mit der Thora



Die lange Festperiode ist nun endlich zu Ende und es wird wieder ein bisschen ruhiger im Hotel. Während des zehntägigen Sukkotfestes mit dem Fest der Thorafreude, Simchat Thora am Ende, gehen für uns Volontäre anstrengende und arbeitsame Tag zu Ende. Das Hotel war nahezu komplett ausgebucht. Die freien Tage dazwischen habe ich genutzt, um ein bisschen besser meine nähere Umgebung zu erkunden. So stand ein erneuter Besuch Akkos auf dem Plan mit ausgiebigem Stadtbummel. Der kleine aber feine Shuk in Akko übt einen recht großen Reiz auf mich aus. Einkaufen oder Shoppen ist eigentlich überhaupt nicht so mein Ding. Die vollen Läden und die große Hektik sorgen bei mir eher für Ver- denn Entspannung. Auf dem Shuk in Akko ist das auf den ersten Blick ähnlich: Der Markt platzt aus allen Nähten von Touristen die Souvenirs erwerben wollen, Händlern, die diese zu völlig überzogenen Preisen verkaufen und Einheimischen, die in geschäftige Verhandlungen über den besten Preis für die feilgebotene Ware vertieft sind. Diese nicht zu bestreitende Hektik ist aber auch von großer Lebendigkeit geprägt: es wird viel gelacht, gestritten, geschwätzt und nebenbei eingekauft. Verschiedene Gerüche und Geräusche findet man an jeder Ecke: Da steht der Fischhändler direkt neben Bäcker und gegenüber dem Wasserpfeifenverkäufer, der wiederum direkt vom Kafferöster flankiert wird. Ein bunter Trubel, der mich sehr fasziniert und der einen einlädt mit einem frisch zubereiteten Kaffee ein bisschen zu verweilen.
Einen weiteren meiner freien Tage habe ich genutzt um mit dem Fahrrad die nähere Umgebung zu erkunden, also Regba, Shave Zion und Nahariya. Richtig, mit dem Fahrrad.  Das ist insofern besonders, weil man in Israel eher selten Fahrradfahrer antrifft. Zumindest das normale, nicht motorisierte Stadtrad. Was man häufiger findet ist eine Art Klapprad mit einem sehr starken Elektromotor, für deren Fahrer eventuell die zehn Gebote gelten, sicher aber keine Verkehrsregeln: Überholt wird links, rechts, oder gleich auf dem Bürgersteig. Grundsätzlich unterscheidet sich der Verkehr in Israel in nicht geringem Maß vom deutschen. Auf der Straße herrscht doch eher das Recht des Stärkeren oder zumindest Schnelleren. Die Regeln im Kreisverkehr behandeln denselben als würde er gar nicht existieren und als hätte man eine normale Kreuzung vor sich. Wer rechts abfahren will blinkt einfach direkt rechts, schon beim reinfahren. Wer geradeaus will blinkt gar nicht und wer nach links möchte, der blinkt auch bei der Einfahrt in den Kreisverkehr direkt links.

Mitten auf der Autobahn mit dem Fahrrad.
Mit dem Hupen wird auch nicht gespart. Der großzügige Einsatz der Hupe gehört einfach zum guten Ton der israelischen Straßenverkehrsordnung. Unter drei Sekunden geht da häufig gar nichts. Autofahren ist also immer ein Abenteuer, das nur noch getoppt wird vom Fahrradfahren, da es häufig keinen Fahrradweg gibt. Da wären wir auch gleich bei der Überschrift, da man auf den Schnellstraßen einfach neben der Autospur fährt. In Deutschland wäre das auf der Autobahn wohl der Seitenstreifen. Dennoch kommt man auch mit dem Fahrrad überall an. Dabei kommen wir zu einer weiteren israelischen Besonderheit, nämlich den Shoppingmalls. Auf meiner recht kurzen Tour von nur etwa 7-9 Kilometern für eine Strecke waren gleich drei Shoppingmalls bzw. Einkaufszentren zu finden: Zwei oder dreistöckige Konsumtempel, vollgestopft mit der heißesten Ware für den kommenden Winter, zur Erfüllung aller kapitalistischen Träume und Leerung der Geldbörsen. Durchaus beeindruckend, gefällt mir der Shuk dann doch besser.
Hier bei den Reformjuden - der Herr mit der Kappe trägt die Thora.                    
Das Fest der Thorafreude, Simchat Thora, bildete den Abschluss und Höhepunkt des religiösen Lebens der vergangenen Festzeit. Dabei werden die Thorarollen aus dem Thoraschreinn genommen und es wird mit ihnen getanzt. Wir durften das Fest wieder bei den Reformjuden erleben. In Naharia traf sich die Gemeinde auf einem der öffentlichen Plätze. Es war eine Bühne aufgebaut und     eine 
Hier bei den orthodoxen Juden - traditionell in weiß und nur die Männer tanzen.
Zweimannband spielte Stücke, die am ehesten dem Genre des Sakralpops zuzuordnen sind, also religiöse Liedtexte unterlegt mit Popmelodien. Etwas gewöhnungsbedürftig aber durchaus tanzbar. Bei den Reformjuden dürfen, anders als bei den orthodoxen Juden, auch die Frauen mittanzen und so schunkelten wir alle gemeinsam zu den unterschiedlichen Rhythmen.  Ein wirklich schönes Erlebnis und ein weiterer Beleg für die Offenheit der Reformjuden auch Nichtjuden an ihren Festen teilhaben zu lassen.

Kommentare

  1. Hey Mark, danke für die interessanten Einblicke in dein Israeli way of life! Und eins will ich dir noch mit auf den Weg geben,mein Junge: So ihr Hackfressen, ich dachte wir waren uns einig und bestellen uns zusammen ne Pizza Funghi :)

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