Nun bin ich
schon seit einigen Tagen vom Negev Seminar zurück und ich kann sagen, dass es
großartig war. Damit ihr euch vorstellen könnt, wie dieses ablief habe ich das
ganze Seminar sozusagen ein wenig protokolliert. Hier kommt der erste Tag, die
anderen folgen. Viel Spaß!
6: 14 Uhr
Die Reise
beginnt! Nachdem wir unseren ganzen Kram, wie Matratzen, Feuerholz und
Verpflegung im Bus verstaut haben kann es endlich losgehen. Nun erwartet uns
eine lange Busfahrt, quer durch Israel, runter in den Negev – von uns aus ein
ganz schönes Stückchen, soweit man das in diesem doch eher kleinen Land sagen
kann. Die Stimmung unter uns ist sehr gut, noch wird viel gesprochen. Ich denke
aber, alle sind auch ein bisschen aufgeregt, ich bin es zumindest. Im Negev
erwartet uns schon ein gutes Stück Wildnis, ohne richtige Toilette oder Dusche,
wir schlafen unter freiem Himmel und nachts kann es schon sehr kalt werden.
Drei Tage ohne unser mittlerweile gewohntes Umfeld und ohne wirkliche
Zivilisation. Eine ziemlich ungewöhnliche Situation, aber ich bin gespannt wie
es wird!
9:05 Uhr
Die meisten
haben dann doch die letzten Stunden mit Schlafen verbracht. Nun beginnt Jussuf,
unser Guide, uns ein bisschen was über die Wüste zu erklären. Der Negev bedeckt
54% des Landes und was eine Wüste ist wird anhand des Niederschlags definiert:
weniger als 200 mm Regen im Jahr machen eine
Wüste zur Wüste. Die meisten Wüsten sind dann doch von mehr Tieren
bewohnt als man so denkt und nicht nur das, sondern auch von Menschen.
Weiterhin kommt es in der Wüste häufig zu Sand- oder Staubstürmen. Der
Unterschied zwischen beiden: Während Sandstürme oft nur wenige Kilometer weit
reichen, können sich Staubstürme über Tausende Kilometer erstrecken. Der Staub
transportiert oft auch feine Eisenpartikel mit sich, die wiederum nützlich für
die Landwirtschaft sind, da sie wie ein natürlicher Dünger wirken. Die
sogenannte Hauptstadt des Negev ist Beerscheba. Die dortige Universität,
gegründet von David Ben Gurion, beschäftigt sich intensiv mit der Wüste, so
geht sie z.B. der Frage nach, wie dort Landwirtschaft betrieben werden kann. So
viel erstmal zu den Hardfacts – die meisten gehen nach dieser Infoflut dann
doch wieder zum Schlafen über.
10:15 Uhr
Das Grab von David ben Gurion und Paula ben Gurion, seiner Frau. |
Wir sind am
Grab von David Ben Gurion angekommen, unserer ersten Station auf der Reise. Um
sein Grabmal herum ist ein großer Garten angelegt mit den verschiedensten
Pflanzenarten aus aller Welt. Ben Gurion
war der erste Premierminister Israels, der 1948 die Gründung des Staates Israel
ausrief. Er arbeitete eng mit Theodor Herzl zusammen, einem der Mitbegründer
des säkularen Zionismus. Ben Gurion erkannte früh den Wert des Negev, da dieser
Uran enthält. Sein Grabmal steht ebenfalls nicht zufällig an diesem Ort. Ben
Gurion schätzte diese sehr und schrieb ihr eine hohe Symbolbedeutung zu. So
stehen ihre harten Bedingungen und der Wille Israels diese zu bebauen für die
Stärke des israelischen Volkes. Weniger schöne Details über den Gründervater
Israels betreffen seine Haltung zu den Palästinenser: er hielt einen Frieden
mit diesen für unmöglich und hätte sie am liebsten alle aus dem frisch
gegründeten Staat vertrieben. Auch eine starke Armee hielt er unter den
gegebenen Bedingungen für unumgänglich. Bei diesen Worten wird einem doch so
manches aus der Gegenwart ebenfalls klarer!
11:10 Uhr
Mitten im Canyon. |
Nach kurzer
Fahrt sind wir unten im Avdat Canyon angekommen und machen uns auf den Weg zu
einer einstündigen Wanderung. Der Canyon ist Teil des afrikanisch-syrischen
Riffs, das insgesamt 6000 Kilometer lang ist. Der Canyon wurde über
Jahrmillionen durch Wind, Sonne und Wasser erodiert, wodurch auch viele Höhlen
im weichen Kalkstein entstanden sind. Obwohl alles eher ein bisschen
vertrocknet aussieht wachsen dort Papyrus und auch Pappeln. Diese wurden im
Mittelalter von Mönchen mitgebracht, die wiederum in Höhlen in den Wänden des
Canyons lebten. Über einige steile Treppenstufen – die erste kleine
Kletterpartie der Reise - kamen wir dann
an den Rand des Canyons, wo wir nochmal den Blick über das von uns eben
erkletterte genießen konnten.
13:20 Uhr
Nach unserer Mittagspause sind wir bei den
Ruinen von Avdat angekommen. Einstmals war Avdat Teil des nabatäischen
Königreichs. Ursprünglich kamen die Nabatäer, ein Verbund nordwestarabischer
Nomandenstämme, aus dem Jemen und verbreiteten sich dann im Golf von Akaba,
Syrien und dem Ost-Irak. Die Hauptstadt des nabatäischen Königreichs war Petra.
Anfangs lebten sie nur vom Karawanenhandel. Die Römer störten diesen aber
empfindlich, sodass sie sich eine weitere Grundlage schaffen mussten. Die
Lösung bestand in der Landwirtschaft. Vor allem Oliven, Wein und Getreide
wurden angebaut und weiterverarbeitet. Entscheidend für das Gelingen der
landwirtschaftlichen Bewirtschaftung war ihr Wassersystem. Das Wasser, welches
sie sowohl aus Wadis herbrachten als auch in Form von Tau sammelten,
transportierten sie durch unterirdische Kanäle zu den Feldern und lagerten es
in Zisternen zwischen.
Mit Blick in die Ruine einer der Kirchen. |
Avdat selbst ist nach König Oboda II benannt,
wurde aber schon im 4. Jahrhundert vor Christus als Handelszentrum gegründet. In
der byzantinischen Zeit vom 4. Bis zum 7. Jahrhundert erlebte Avdat eine
Blütezeit, in der unter anderem die Kirchen errichtet wurden. Nach einem Erdbeben
im 7. Jahrhundert wurde Avdat verlassen. Die gesamte Ruinenanlage von Avdat
wurde in Teilen wiederaufgebaut, das meiste befindet sich aber in dem Zustand,
in dem es sich nach dem Erdbeben befand. Von Avdat gehen lange Handelsstraßen
aus, die als sogenannte Gewürzstraße oder Weihrauchstraße bekannt ist. Auf dieser
Handelsroute wurden unter anderem viele Gewürze in den gesamten Orient
transportiert, aber auch nach Rom über insgesamt 2300 Kilometer.
Mich faszinieren solche Orte immer ungemein.
Sich vorzustellen wie hier vor Jahrhunderten das Leben blühte, mitten in der
Wüste quasi im Nirgendwo, empfinde ich als ungemein spannend.
15:13 Uhr
Einige der Beduinenzelte. |
Wir sind bei den Beduinen zum Tee eingeladen.
Im Negev gibt es drei große Stämme, wobei jeder Stamm im wesentlichen aus einer
Familie besteht. Die einzelnen Stammeskonstellationen, Rituale und Bräuche sind
extrem kompliziert und im Grunde genommen nur für die Angehörigen des Stammes
wirklich verständlich. Unser Guide Jussuf lebte ein Jahr mit ihnen und selbst
er kennt diese Rituale nur im Ansatz. Ursprünglich lebten die Beduinen
nomadisch. Dies ist ihnen aber durch die Regierung verboten, sodass sie heute
sesshaft leben. Auch die Vielehe mit maximal vier Frauen ist ihnen heute untersagt.
Die Zelte haben sie aber aus ihrer ursprünglichen Lebensweise bewahrt. Diese
sind in drei Teile aufgeteilt: einer für die Männer direkt am Feuer, ein
weiterer für die Frauen und ein letzter für die Kinder. Interessant ist das aus
antiker Zeit überlieferte Kafferitual. Man bekommt immer drei Kaffees: einen
aus Gastfreundschaft, eine für den Spaß und den letzten für das Schwert – letzterer
besonders zur Wahrung des Friedens. Die drei Tassen dürfen auf keinen Fall abgelehnt
werden, das gilt als unhöflich. Gut, dass wir nur Tee hatten. Heute gehen viele
Beduinen einem normalen Job nach und genießen eine Schulbildung. Einige
studieren bereits und es gibt auch Vertreter in der Knesset, dem israelischen
Parlament. Die Lebensweise der Beduinen ist sehr urtümlich und macht auf mich
teileweise einen etwas rückwärtsgewandten Eindruck. So spannend der Besuch auch
war, einen etwas faden Beigeschmack bekam er dadurch, dass Jussuf uns erzählte,
dass die Beduinen für den Tee 200 Schekel (ca. 50 Euro) haben wollten. 100
haben sie bekommen – immer noch zu viel.
16:32 Uhr
Wir sind
im Machtesch Ramon angekommen. Machtesch heißt Krater und der Machtesch Ramon
ist der Größte von insgesamt 7 Machteschim. Der Blick über diesen Krater ist
gewaltig. In den nächsten Tagen wird uns Jussuf noch ein bisschen mehr über die
Entstehung erzählen. Ich bin gespannt.
18:03 Uhr
Wir sind
nach einem echt langen Tag am Lagerplatz angekommen. Mittlerweile ist es
dunkel. Jetzt heißt es Schlafplatz herrichten, Feuer machen, Essen zubereiten.
Das Gericht des Abends: Nudeln mit einer Menge Gemüse. Die Zubereitung
gestaltet sich durch die Dunkelheit als etwas schwierig, aber wir sind gut mit
Taschenlampen versorgt. Kochen auf offenem Feuer ist auch mal was Neues. Ich
bin immer wieder erstaunt wie gut wir alle als Gruppe zusammen arbeiten.
Belohnt wird unsere harte Arbeit schließlich mit einem Essen am Lagerfeuer und
einer Flasche Malzbier. Der Sternhimmel ist ein unfassbarer Augenöffner. So
viele Sterne habe ich noch nie gesehen. Einfach gewaltig!
1:04 Uhr
Nachdem ich
irgendwann ins Bett gegangen bin und mit Blick auf den wunderbaren Sternenhimmel
eingeschlafen bin, beginnt nun meine Nachtwache mit Mathis. Die Nachtwache
dient im Wesentlichen dazu, dass das Feuer weiterbrennt und außerdem um wilde
Tiere abzuhalten. Ja, wir sind sehr mutige Volontäre! Es ist schon ein
merkwürdiges Gefühl in der Dunkelheit bei absoluter Stille mitten in der Wüste
vor einem Feuer zu sitzen.
2:12 Uhr
Meine Nachtwache
endet. Ich bin müde. Es ist sehr kalt. Zurück in den Schlafsack.
Das ist
das Ende des ersten Tages. Die weiteren Berichte folgen.
Coole Sache wäre ich gerne dabei gewesen, die 200 mm Niederschlag gefallen mir angesichts des hiesigen Wetters auch gut 😊
AntwortenLöschenLG Papa