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Meine neun Monate in Israel sind nun um. Die Zeit verging wie im Flug und während ich einen Teil dieser Zeilen schreibe sitze ich an Gate B5 und warte auf den Flieger zurück in die Heimat. Was kann man sagen nach einer solchen Zeit mit so vielen Erlebnissen, Eindrücken und Erfahrungen?
Zuallererst kann ich sagen, dass ich es keinen einzigen Tag bereut habe, dass ich nach Israel gekommen bin. Für mich war dieser Aufenthalt genau das Richtige nach einer langen und Kräfte zehrenden Examensphase. Ich war ausgepowert und Israel und vor allem die gute Gemeinschaft in Nes Ammim hat meine Akkus schnell wieder aufgefüllt. Die Mischung aus harter körperlicher Arbeit und dem study Programm war optimal für mich. Doch vor allem war es schön mit den Menschen in Nes Ammim zusammen zu arbeiten. Mit diesen ganz verschiedenen Menschen in unterschiedlichsten Lebensphasen zusammen an einer guten Sache zu bauen und auch gemeinsam zu leben – diese Erfahrung gemacht zu haben empfinde ich als ungemein bereichernd für mein Leben.
Und dann natürlich Israel selbst. Dieses verrückte, chaotische, gastfreundliche, konfliktreiche Land mit seinen tausend Facetten gerade Mal so groß wie Hessen, das einem von Wüstenwanderungen im Negev bis Skifahren im Hermongebirge alles bietet, mit seinen Menschen, die oft von überall aus der Welt herkommen, um neu anzufangen und die sehr oft eine gute Geschichte zu erzählen haben und die so aufgeschlossen und freundlich sind, egal ob sie sich Palästinenser, Israelis, Araber, Juden, Moslems, Christen oder Drusen nennen, die bunten Märkte, der Trubel, die faszinierende Geschichte und die kulturellen schätze, ja das werde ich hier und da vermissen.
Doch manchmal war ich auch müde, verdrossen, nahezu niedergeschlagen. Von den vielen Konflikten zwischen Juden, Christen und Moslems, Palästinensern und Israelis, auf jeder denkbaren Ebene ob religiös, politisch oder im privaten, in der Stadt oder auf dem Land, wegen den verhärteten Fronten und das kaum einer auf den anderen zugeht, vielleicht auch nicht zugehen kann, wegen der Instrumentalisierung von Geschichte, Religion und alten Relikten bei denen jede Partei schreit „das ist unseres wir waren zuerst hier!“, wegen dem schmerzhaften herumirren in der Vergangenheit, wodurch oft nur zu neues Unglück in der Gegenwart erzeugt wird, wegen dem Unfrieden und den verhärteten Herzen. Das alles war oft nur schwer zu ertragen.
Umso wichtiger ist es, dass es Orte gibt wie Nes Ammim gibt, in denen sich Menschen begegnen können um voneinander zu lernen und sich besser zu verstehen. Denn wenn ich mich wirklich bemühe mein Gegenüber zu verstehen, dann ist es oft viel schwerer mein Gegenüber abzulehnen oder zu hassen, weil vor mir auf einmal ein echter Mensch steht mit Gefühlen, Meinungen, Wünschen und Vorstellungen, genauso ein Mensch wie ich auch einer bin. Hassen hingegen tut man oft nur ein Zerrbild, das wenig mit der Realität zu tun hat.
Für jetzt ist es aber Zeit weiterzuziehen.  Israel und Nes Ammim bleibe ich verbunden - das geht wohl den meisten so nach einem Aufenthalt dort. Für Israel wünsche ich mir vor allem eins: Frieden. Shalom.
Auf Wiedersehen Israel!

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