Der Sommer naht mit großen Schritten, wir hatten schon die ersten Tage
mit etwa 25 Grad und das Hotel wird wieder voller. Entsprechend mehr wird auch
die Arbeit. Auch der Garten hat derzeit alle Hände voll zu tun, da wir am Ende
des Monats den „Megashabbat“ erwarten: Pessach. Sieben Tage lang wird dann der
Hotelbetrieb auf Hochtouren laufen und alles muss klinisch rein sein, da dies
für Pessach, einem der wichtigsten jüdischen Feiertage extrem wichtig ist. Für
das Gartenteam heißt in der Vorbereitung darauf, dem Gast ein möglichst
ansehnliches Außengelände zu bereiten mit wohl geformten Büschen und Hecken sowie
akkurat gestutzten Bäumen. Außerdem gestalten wir gerade den Garten hinter den
Apartments neu, in dem ein neues Blumenbeet entstehen soll.
Ein wenig vorbereiten auf den Pessachwahnsinn konnten wir uns mit
Purim. Das Purimfest ist eng mit dem biblischen Buch Esther verknüpft, von
welchem sich auch der Name Purim ableitet: Purim bedeutet so viel wie Lotterie,
weil Haman, der Bösewicht in der Esthererzählung, den Zufall entscheiden ließ,
an welchem Tag er die Juden umbringen wollte. Purim ist ein symbolisch stark
aufgeladener Feiertag und so kommt vielen Charakteren der Esthererzählung eine
allegorische Bedeutung zu. Der König beispielsweise ist ein ziemlicher
Taugenichts, feiert den ganzen Tag nur Partys und regiert sein Land schlecht.
Darin sieht die jüdische Tradition einen Spiegel der Realität, da diese auch
oft von schlechten Machthabern regiert wird. Ist dies der Fall, so kommen dann
oft die Bösen wie Haman daher und versuchen sich der Herrschaft zu bemächtigen.
In einer anderen Szene kniet Mordechai, ein wichtiger königlicher Berater und
einer von den „Guten“ nicht vor dem niederträchtigen Haman nieder, woraufhin
dieser wünscht Mordechai umzubringen. An dieser Stelle ergibt sich für die
jüdische Tradition die Frage: Ist da etwas, vor dem auch du nicht niederknien
würdest? Und wärst du stark genug dafür? Oder bist du nur Teil der großen Party,
wie der König sie feiert. So stellt das Purimfest an den Menschen grundsätzlich
die Frage: Wer bist du? Es geht um die zentrale Frage menschlicher Identität
und den eigenen Platz in der Welt. Und so verrückt das jetzt klingen mag: Daher
wird sich auch ordentlich betrunken und verkleidet. Es geht dabei um das
Ausprobieren von anderen Rollen, um eine Suchbewegung nach dem eigenen Ich. Der
Alkohol soll dabei auch den Unterschied zwischen Gut und Böse verschwimmen
lassen. Auch dieser Gedanke ist eng an das Buch Esther gekoppelt. Als das große
Unglück von den Juden schließlich durch Esther abgewendet werden konnte,
handeln diese nicht viel besser und wollen diejenigen zunächst umbringen, die
sie töten wollten. Hier stellt sich die Frage: Ist Gut und Böse immer so klar
auseinanderzuhalten? Sind die einen wirklich besser als die anderen? Für mich
persönlich bisher der spannendste Feiertag. Bei unserer kleinen Purimfeier bin
Ich übrigens als jordanischer Scheich gegangen. Wer weiß, vielleicht ist das ja
meine wirkliche Identität…
Die Scheichs - frisch aus Jordanien angereist. |
Und da wären wir, nach grandioser Überleitung, beim nächsten großen
Ereignis der letzten Wochen: Jordanien. Bevor der ganze Feierwahnsinn so
richtig losgeht habe ich mich mit einigen anderen der Volontäre entschlossen
ein wenig Urlaub in Jordanien zu machen. Es war ein grandioser Trip! Zunächst
hatten wir anderthalb Tage Aufenthalt in Amman, der Hauptstadt. Die Stadt ist
nicht wirklich schön und besonders viel zu sehen gibt es auch nicht, sie hat
aber einen einmaligen arabischen Flair, der allein einen Besuch wert ist. Die
älteren Männer tragen größtenteils die traditionell arabische Kopfbedeckung, die
Kufiyah und an jeder Ecke findet sich ein Marktstand. Gewohnt haben wir sehr
günstig, für 16 Euro für zwei Übernachtungen in einem kleinen Hotel in
Innenstadtnähe. Überhaupt kann man über die jordanischen Preise nicht meckern:
Man kann sehr günstig dort reisen.
Das römische Theater in Amman. |
Unsere nächste Station war Petra, das sagenumwobene Petra. Seit ich
ein kleiner Junge war und das erste Mal den Indianer Jones Film „Der letzte
Kreuzzug“ gesehen habe, wollte ich unbedingt einmal dorthin. Im Film wird das
Khazne al-Firaun, das Schatzhaus des Pharao gezeigt, in dem sich der Heilige
Gral befindet. Auch wenn kein Heiliger Gral drin ist (so vermute ich zumindest,
denn reingehen durfte man nicht…es könnte also schon sein, dass der Gral..egal)
sind der Anblick und der Weg dorthin beeindruckend. Man geht etwa eine halbe
Stunde durch ein enges Wadi mit hohen Felswänden, bevor sich dann die Schlucht
öffnet und man den ersten Blick auf die beeindruckende Fassade erhaschen kann.
Doch Petra besteht aus mehr als dem Schatzhaus. Die antike Stadt Petra hat zu
ihrer Blütezeit 30.000 bis 40.000 Menschen beherbergt. So konnten wir
stundenlang zwischen den Felsen hin- und herklettern und es gab immer etwas
Neues zu sehen. Ein Besuch in einigen Jahren könnte sich nochmal lohnen, da
bisher erst ca. 20% von Petra ausgegraben sind. Weniger cool war, dass wir für
die Gepäckaufbewahrung in einem der Souvenirshops am Eingang zu Petra
umgerechnet knapp 17 Euro bezahlen mussten, bzw. etwas im Wert von 15
jordanischen Dinaren kaufen mussten. Urplötzlich kostete alles im Laden 15 JD.
Echt merkwürdig…
Das Schatzhaus des Pharao. |
Nach einer etwas, sagen wir mal, speziellen Taxifahrt mit einem noch
spezielleren Taxifahrer, der sein Spezialgebiet darin zu haben schien seine
Kunden durch Anzüglichkeiten aller Art die Schamesröte ins Gesicht zu treiben,
kamen wir im Wadi Rum an. Am „Eingang“ der Wüste wurden wir von unserem
Beduinenführer abgeholt, der 4 von uns in seinen Jeep verfrachtete und 2 von
uns, mich eingeschlossen, auf die Ladefläche seines Jeeps, von wo aus wir dann
bei halsbrecherischem Tempo seine Fahrkünste bewundern konnten. Die bestanden
unter anderem darin, bei absoluter Dunkelheit kurz die Scheinwerfer
auszustellen oder bei voller Fahrt die Tür zu öffnen, auszusteigen, wobei ein
Fuß weiterhin auf dem Gaspedal blieb der andere hingegen über dem sandigen
Abgrund schwebte, sich an der Tür festhaltend zu uns auf der Ladefläche
umzudrehen und uns zu fragen wie es uns den ginge. Nun, gut geht es uns. Aber bitte
töte uns nicht. Es hat richtig Spaß gemacht! Angekommen am Camp konnten wir
unser Zelt beziehen, woraufhin es dann zum Essen ging. Gereicht wurde
traditionelle beduinische Küche, gegart im Erdofen und dazu allerlei Salat, Humus
und Brot. Danach wurde noch reichlich gesungen und getanzt und das ein oder
andere Tässchen Tee getrunken.
Der Ausblick aus unserem Zelt. |
Am nächsten Morgen ging es dann auf zur
siebenstündigen Wanderung durch das Wadi. Wir bekamen wunderschöne Landschaften
und Felsformationen zu sehen und hatten eine gute Brotzeit mit Tee mitten in
der Wüste. Für mich am beeindrucktesten war aber die Stille. Jeder der schon
einmal in der Wüste war, kann den folgenden Satz vielleicht nachvollziehen:
Stille kann ohrenbetäubend sein. Ich bin es nicht gewohnt einfach gar nichts,
wirklich gar nichts zu hören. Irgendein Geräusch gibt es immer. Nicht in dieser
Wüste. Das hat auch einen sehr spannenden Einfluss auf die Gruppe gehabt. Es
gab Phasen, teileweise bis zu einer ganzen Stunde, wo niemand ein Wort gesprochen
hat. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und das war auch ganz wunderbar.
Diese Stille hatte nichts Unangenehmes. Und dann, ganz plötzlich, entstand
wieder eine angeregte Unterhaltung. Eine interessante Erfahrung! In den Pausen
hat uns unser Guide einiges über das beduinische Leben erzählt. So etwa das es
viele verschiedene Stämme gibt, die über die Landesgrenzen hinaus in ganz
bestimmten Gebieten leben oder das es den Beduinen, da sie Muslime sind,
erlaubt ist bis zu vier Frauen zu heiraten. Auch Kurioses gab er zum Besten. So
ist es guter Brauch zu Hochzeiten seine Kalaschnikow mitzunehmen und das diese
Gewehre oft alte Familienerbstücke sind. Auch sei der Preis für eine solche
Waffe in den letzten Jahren durch die Kriege in den umliegenden Ländern um Einiges
gestiegen. Wir hatten eine wirklich gute Zeit mit diesen Menschen, die es
meiner Meinung nach geschafft haben, einen Teil ihres traditionellen
Lebensstils mit in unsere Zeit zu retten und zwar durch den Tourismus.
Natürlich gibt es Zugeständnisse an die Moderne, aber das schien für die
Beduinen, die wir dort kennengelernt haben, vollkommen in Ordnung zu sein. Am
nächsten Tag ging es dann schon wieder zurück nach Israel, nach einer
aufregenden und wirklich empfehlenswerten Reise. Eine kleine Schlussbemerkung:
Die Jordanier scheinen ganz verrückt nach ihrem König zu sein, daher kann man
wirklich überall sein Konterfei betrachten.
Bald ist Pessach, da geht es
richtig rund. Ich sehe dem aber schon mit großer Freude entgegen.
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